Geschichte der
'Feste der Begegnung' in St. Pölten

Die "Feste der Begegnung" in St. Pölten stehen schon in einer 20- jährigen Tradition verschiedener multikultureller Feste, die auf verschiedene Weise immer das Ziel verfolgten, Menschen verschiedener Herkunft, Kultur, Sprache, politischer Anschauung und Religion zusammenzubringen, gegenseitiges Kennenlernen ihrer Kultur zu ermöglichen und so zu einem größeren gegenseitigen Verständnis beizutragen. Mit Musik, Folklore, Essen, Sport, Spiel und Diskussionen hat eine Gruppe von Organisationen und Einzelpersonen seit 1992 - meist unter der Koordination von Sepp Gruber (Betriebsseelsorge, Südwind NÖ, AI- Gruppe 79 & österr - türkischen Freundschaftsverein), zweimal unter der der Caritas und einmal gemeinsam mit dem alevitischen Kulturverein - solche Feste der Begegnung/Kulturen in St. Pölten organisiert; daneben gab es auch viele andere interkulturelle Kontakte wie Diskussionsveranstaltungen, interreligiöse Begegnungen, Deutschkurse und viel soziale Unterstützung von bedürftigen AsylwerberInnen und anderen MigrantInnen von Seiten der Betriebsseelsorge, des österr - türkischen Freundschaftsvereines, Südwind NÖ, Amnesty International u. a. NGO's und Migrantenvereinen.

Wie kam es zu der Idee?

Im Rahmen des sog. 'Projektes Boot' von 1. bis 3. Mai 1992 am Rathausplatz, das der Südwind NÖ -West zusammen mit der KAJ, AI-Gruppe 79 und der Betriebsseelsorge organisiert hatte und das auf mehrere soziale Probleme aufmerksam machen wollte: das weltweite Elend durch unser ungerechtes Wirtschaftssystem (weshalb wir Slumhütten aufbauten), die Obdachlosigkeit auch im reichen Europa und die wachsende AusländerInnenfeindlichkeit in Österreich (Stichwort FPÖ-Volksbegehren 'Österreich zuerst') sowie die schlechte Behandlung der AsylwerberInnen, meldeten sich Ekrem Arslan und Yildirim Kazim, zwei junge türkischstämmige Männer, deren Väter zu den ersten Gastarbeitern in der Fa. Glanzstoff in St. Pölten zählten, bei Sepp Gruber (und den anderen Veranstaltern) und äußerten ihren Wunsch nach vermehrten Kontakten mit aufgeschlossenen ÖsterreicherInnen und nach gemeinsamen Veranstaltungen. Denn damals herrschte noch eine fast undurchdringliche, unsichtbare Mauer zwischen der Stadt und dem ‚Gastarbeiterghetto' im ‚Glanzstoffviertel'.

So organisierte der 'österreichisch-türkische Freundschaftsverein', in dem beide aktiv waren, gemeinsam mit der KAJ, Südwind, AI und der Betriebsseelsorge das erste 'Multikultifest' im Pfarrgarten in Viehofen im Sommer 1992. Beim Fest 1993 kamen auch der alevitische kultur verein, Hr. Akhter Baig (späteres Austro-asiatisches Forum) und die Caritas Flüchtlingshilfe u. a. dazu und es gab schon ein organisiertes Musikprogramm, einen Infobus 'Miteinander leben' aus Wien und ein Zelt der ‚Sahauris' aus Wien. 1995 änderten wir den Namen von 'Multikultifest' auf 'Fest der Begegnung'. Dieses Fest war auch das letzte Fest im Pfarrgarten von Viehofen, der sich als zu wetterabhängig und zu klein herausstellte. 1996 fand das erste 'Fest der Begegnung' im ‚Lilienhof' (Jugendhaus der ‚englischen Fräulein' in St. Pölten/ Stattersdorf statt, wo wir den alten Stadel benutzen konnten und auch Möglichkeiten zum Fußballspielen und für Kinderprogramm vorfanden und Möglichkeit zur Ausstellung für ausländische KünstlerInnen, als Mitveranstalter war die Evangelische Jugend und das KBW Wagram dazugekommen und wir erhielten erstmals eine Unterstützung durch die österreichische Gesellschaft für politische Bildung. 1997 fand das Fest einmalig im Bildungshaus St. Hippolyt statt unter der Koordination der Caritas - Flüchtlingsberatung und sprach auch stärker ein kirchliches Publikum an sowie Schulklassen aus der ganzen Diözese, da im Rahmen des Festes die Prämierung eines Zeichenwettbewerbes für Kinder durch die Caritas stattfand. 1998 wagten wir die Kooperation mit einem Fußballverein und organisierten auf dem Sportplatz in Stattersdorf ein multikulturelles Fußballturnier kombiniert mit dem Fest der Begegnung mit Musik, Tanz und Essen. Wir hatten hier auch das erste Mal finanzielle Unterstützung der Kulturverwaltung der Landeshauptstadt sowie durch einige Firmen, weshalb wir uns ein aufwändigeres Konzertprogramm leisten konnten. 1999 kehrten wir wieder in den Lilienhof zurück. Außerdem gelang es uns, auch beim 'Höfefest' im September in der Innenstadt mit einem 'Eine-Welt-Hof' mit Beteiligung der St. Pöltner MigrantInnengruppen vertreten zu sein. Im Jahr 2000 verzichteten wir zugunsten des großen multikulturellen Jugendfestivals 'Friends 2000' im Kulturhaus Wagram auf ein eigenes Fest und beteiligten uns dort in der Durchführung des Festes mit einer hochkarätigen Podiumsdiskussion zur Flüchtlingsproblematik sowie mit türkischer und brasilianischen Musikgruppen und kulinarischen Ständen. Im Frühjahr 2001 fand unter der Federführung der Caritas das 'Fest der Begegnung' im Kolpinghaus St. Pölten mit Vortrag und Diskussion sowie zahlreichen Kultur- und Tanzbeiträgen statt. Allerdings ergab sich das Problem, dass alles in einem Saal stattfinden musste, Information und Begegnung bei den Ständen etc. Erstmals gab es auch eine taiwanesische und indische Tänzer.

2002 kehrten wir noch einmal in den Lilienhof zurück und konnten den neuen Saal und den Stadel benutzen, was sich als sehr gute Kombination herausstellte; nach einer Podiumsdiskussion zum Thema Integration auch erstmals mit einem Vertreter der islamischen Gemeinschaft gab es Kulinarisches sowie Musik, Folklore und Tanz im Freien.
Im Jahr 2003 war das bis dahin größte und aufwändigste 'Fest der Begegnung' im alevitischen Kulturzentrum in Ratzersdorf unter der gemeinsamen Koordination der Betriebsseelsorge/ österr.-türk.Freundschaftsverein und des alevitischen Kulturvereines. Musikalisch gab es ein Riesenprogramm von einer Saxophongruppe, afrikanischen Trommlern, südamerikanischer Musik, türkisch-orientalischer und als Höhepunkt die 'Wiener Tschuschenkapelle', dazu noch Folkloregruppen und viele internationale Essensstände. Trotz der gut 500 BesucherInnen kamen sich die Leute zeitweise in der Riesenhalle etwas verloren vor. Daher wagten wir uns 2004 in die Mitte der Stadt auf den Rathausplatz (wie zu Beginn 1992), allerdings ohne großer Bühne und Technik am Platz, was der Qualität etwas schadete, trotzdem gab es eine Fülle an Folklore- und Tanzgruppen sowie kulinarische Stände. Die Fortsetzung im cinema paradiso mit einer Diskussion und der Präsentation eines eigens produzierten DVD-Filmes zu '40 Jahre Gastarbeiter in St. Pölten' fand dann großen Anklang, der Film anschließend leider weniger, dafür umso mehr wieder das abschließende Konzert mit Halil Gürsu & Vienna Orient Project. Als Mitveranstalter waren erstmals die GastarbeiterInnenseelsorge, das Rote Kreuz und als Kooperationspartner das cinema paradiso sowie die FH für Medientechnik vertreten.
Durch das gute öffentliche Echo unseres Festes am Rathausplatz waren wir angespornt, diese Linie fortzusetzen und auch 2005, 2006, 2007, 2008 und 2009 wieder am Rathausplatz und im cinema paradiso zu feiern, allerdings mit besserer Tontechnik und einer überdachten Bühne und professionellerer Vorbereitung, was auch gelang.

Weitere Kooperationspartner sind jetzt auch die Diakonie, die Beratungsstelle FAIR (Volkshilfe), Emmausgemeinschaft, Verein Wohnen sowie der afrikanische Kulturverein, der (krudische) Kulturverein Mesopotamia, der kosovarische Kulturverein und das Integrationsbüro der Stadt St. Pölten. Auch mit dem Integrationsservice NÖ haben wir eine gute Kooperation.

2008 fand das ‚Fest der Begegnung' erstmals 2-tägig mit einem Diskussions- und Informationsabend am 6. 6. im cinema paradiso und abschließendem Konzert und dem Open Air Fest am 7.6. am Rathausplatz statt. 2010 wurde das Fest erstmals 3-tägig mit einem Jugendabend, dem Openairfest und einer Matinee mit Film und Diskussion im cinema paradiso durchgeführt. Und 2011war in Kooperation mit dem Festival ‚fabelhaft' der Auftakt mit einer interreligiösen Begegnung in der Landhauskapelle und Fest vor dem Landhaus, anschließend ein Marsch mit Musik durch die Stadt bis zum Rathausplatz, wo das Fest ab 15 uhr seine Fortsetzung fand. Höhepunkte waren dort der Auftritt der Gruppe Dobrek Bistro und von Bauchklang, was einen Rekordbesuch beschert.

Nach 20 Jahren hat sich das 'Fest der Begegnung' in der Stadt St. Pölten etabliert als Begegnungsmöglichkeit von Menschen verschiedenster Herkunft, Kultur und Religion in dieser Stadt, was sich auch am großen Andrang an politischer Prominenz und der Medien in den letzten Jahren zeigte. Zugleich haben die ‚Feste der Begegnung' viele weitere Kontakte zwischen den einzelnen Volksgruppen und NGO's in St. Pölten angeregt und viele weitere Initiativen des interkulturellen Dialoges im westlichen NÖ.

Sepp Gruber

Fotos und Infos zu den Festen unter: www.festderbegegnung.at.tf



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